
Anorexie
Überwiegend sind es junge Frauen, die eine
Anorexie (eigentlich: anorexia nervosa) oder Magersucht
haben. Sie spüren meist ein starkes Verlangen zu essen
und empfinden es darum als Triumph, wenn sie hungern. Sie
kommen sich noch zu dick vor, wenn man schon die Rippen
zählen kann. Die Anorexie ist der Versuch, mit dem
Willen über den Körper und seine Bedürfnisse
zu herrschen. Darum hungern die Frauen nicht nur, sondern
treiben oft zusätzlich extrem viel Sport und sind sehr
leistungsorientiert. Aber natürlich kann man nicht
über den Körper herrschen. Er herrscht über
uns, und wir müssen mit ihm in Frieden leben. Darum ist
die Anorexie gar nicht selten mit einer Bulimie
(Fressanfällen) kombiniert, durch die sich der
Körper mit seinem Bedürfnis durchsetzt.
Die Anorexie mit ihren Symptomen tritt in der Regel auf,
wenn der Körper sich mit seinem Bedürfnis nach
Sexualität meldet. Die Sexualität wird wie alle
Bedürfnisse verleugnet. Zugleich ist mit der Abmagerung
auch die Verleugnung der Weiblichkeit verbunden. Die
Brüste sind kaum erkennbar, die Regel bleibt aus. Wenn
man das berücksichtigt, ferner dass das Essen doch
immer mit der Mutter verbunden ist, kann man vermuten, dass
der Anorexie ein schwerer Konflikt mit der Mutter zu Grunde
liegt. Das heißt aber nicht, dass die Mütter von
anorektischen Frauen schlechte Mütter waren. Oft ist
es, dass Mutter und Tochter keinen Weg gefunden haben, sich
voneinander ohne allzu große Feindseligkeit
abzugrenzen. Für die Töchter geht es also um ihre
Autonomie. Natürlich spielt auch der Vater eine Rolle
in dem Drama, aber die ist in jedem Einzelfall, der ja auch
im Hinblick auf Mutter und Tochter immer seine
Besonderheiten hat, anders.
Auffallend ist, dass
die Anorektikerinnen mit ihrer Magerkeit dem heutigen
Schönheitsideal entsprechen. Das hängt
möglicherweise damit zusammen, dass in unserer Zeit
ganz allgemein Menschen bewundert werden, die ihren
Körper beherrschen (wie z. B. im Sport). Die Magerkeit,
die eigentlich ein körperlicher Mangel ist, wird so als
Schönheit umgedeutet.
Wenn das
Körpergewicht zu gering wird (bei einer
durchschnittlichen Größe weniger als 40 kg) ist
eine Aufpäppelung, gegebenenfalls in einer Klinik, der
erste Schritt einer Behandlung. Danach ist Psychotherapie
notwendig. Es gibt zahlreiche Kliniken mit einem speziellen
Behandlungsprogramm für Essgestörte.
Unter www.uni-duisburg-essen.de/psychosomatik/html/anorexie.html
weitere Informationen
Quelle: Prof. Dr.
med. Frank Matakas, Arzt für Psychiatrie und
Psychotherapie, Psychoanalyse
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